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Herr Gomringer, Sie leben seit vielen
Jahrzehnten in Oberfranken. Selb und
Rehau sind die Stationen. Wie haben
Sie sich eingelebt und wie hat sich die
Kunstszene hier entwickelt?
Ab 1967 arbeitete ich als Kulturbeauf-
tragter der Firma Rosenthal in Selb.
Eine Kunstszene entstand mit dem
neuen Gropius Gebäude am Rothbühl,
wo ich 1968 eine Galerie gegründet
habe. Später kam der Ruf an die
Kunstakademie Düsseldorf als Professor
für Ästhetik, ich wollte aber einen
Wohnsitz in der Region behalten, um
weiter in Selb wirken zu können. Die
Wahl fiel auf den Rehauer Stadtteil
Wurlitz. Im Jahr 2000 nahm ich dann
das Angebot an, in das Kunsthaus
Rehau zu ziehen und gründete das
IKKP. Es ist sehr angenehm hier zu
leben, man kennt sich untereinander.
Viele Rehauer sind interessierte
Stammbesucher der Ausstellungen im
Kunsthaus.
Wie schätzen Sie die Nachwuchskünstler
in Rehau und der Region ein und was
würden Sie einem jungen Künstler am
Anfang seiner Karriere raten?
Talente gibt es hier! Sie sind nur noch
nicht als Künstler gemeldet. Ein erster
Rat wäre, sich bei uns im Kunsthaus
Rehau zu melden, um ins Gespräch
zu kommen. Wir würden uns freuen!
Unsere Haupttätigkeit ist ohnehin
reden, über Kunst sprechen.
Wie kommen die Kunstwerke in die
Ausstellungsräume nach Rehau?
Seit etwa einem Jahr fahren wir im
Institut für konstruktive Kunst und
konkrete Poesie eine neue Strategie.
Wir laden ganze Galerien ein, die
ihre eigenen Künstler mitbringen. So
lernen wir viele neue Künstler kennen
und haben eine gute Gelegenheit uns
auszutauschen.
Wie kam Ihr Gedicht „avenidas“, das in
Berlin übermalt wurde, an eine Fassade
am Rehauer Marktplatz und was hat
sich seitdem getan?
Es war die Idee von Bürgermeister
Michael Abraham und der Rehauer
Stadtrat hat sich ebenfalls dafür
ausgesprochen. Die Aktion ist ein voller
Erfolg, viele Leute kommen seitdem
nach Rehau und lernen so auch einiges
über unsere schöne Stadt. Fast täglich
bekomme ich nun Anfragen zu diesem
Gedicht und meiner Arbeit.
Wo holen Sie sich Ihre Inspirationen und
auf welches neue Werk von Ihnen dürfen
wir uns bald freuen?
Die Ideen kommen beim Reisen und
beim Reden mit den Menschen. Die
nächste Reise in mein Mutterland
Bolivien ist bereits in Planung.
Mit meinem Sohn Stefan arbeite ich
derzeit an einem größeren Werk mit
dem Arbeitstitel „Kunst am Bau“.
Hier wird die Poesie im Vordergrund
stehen.
Interview mit Eugen Gomringer
FRE I ZE I T UND KULTUR
Eugen Gomringer bei der Kunstpreis-Verleihung des Landkreises Hof